Verfahrensbeistand - Der Anwalt des Kindes
Verfahrensbeistand
FamFG § 158
(1) Das Gericht hat dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, einen geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist.
(2) Die Bestellung ist in der Regel erforderlich,
1. wenn das Interesse des Kindes zu dem seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht,
3. wenn eine Trennung des Kindes von der Person erfolgen soll, in deren Obhut es sich befindet,
4. in Verfahren, die die Herausgabe des Kindes oder eine Verbleibensanordnung zum Gegenstand haben, oder
5. wenn der Ausschluss oder eine wesentliche Beschränkung des Umgangsrechts in Betracht kommt.
(3) Der Verfahrensbeistand ist so früh wie möglich zu bestellen. Er wird durch seine Bestellung als Beteiligter zum Verfahren hinzugezogen. Sieht das Gericht in den Fällen des Absatzes 2 von der Bestellung eines Verfahrensbeistands ab, ist dies in der Endentscheidung zu begründen. Die Bestellung eines Verfahrensbeistands oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbständig anfechtbar.
(4) Der Verfahrensbeistand hat das Interesse des Kindes festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat das Kind über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren. Soweit nach den Umständen des Einzelfalls ein Erfordernis besteht, kann das Gericht dem Verfahrensbeistand die zusätzliche Aufgabe übertragen, Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen des Kindes zu führen sowie am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitzuwirken. Das Gericht hat Art und Umfang der Beauftragung konkret festzulegen und die Beauftragung zu begründen. Der Verfahrensbeistand kann im Interesse des Kindes Rechtsmittel einlegen. Er ist nicht gesetzlicher Vertreter des Kindes.
(5) Die Bestellung soll unterbleiben oder aufgehoben werden, wenn die Interessen des Kindes von einem Rechtsanwalt oder einem anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten angemessen vertreten werden.
(6) Die Bestellung endet, sofern sie nicht vorher aufgehoben wird,
1. mit der Rechtskraft der das Verfahren abschließenden Entscheidung oder
2. mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens.
(7) Für den Ersatz von Aufwendungen des nicht berufsmäßigen Verfahrensbeistands gilt §
277 Abs. 1 entsprechend. Wird die Verfahrensbeistandschaft berufsmäßig geführt, erhält der Verfahrensbeistand für die Wahrnehmung seiner Aufgaben nach Absatz 4 in jedem Rechtszug jeweils eine einmalige Vergütung in Höhe von 350 Euro. Im Fall der Übertragung von Aufgaben nach Absatz 4 Satz 3 erhöht sich die Vergütung auf 550 Euro. Die Vergütung gilt auch Ansprüche auf Ersatz anlässlich der Verfahrensbeistandschaft entstandener Aufwendungen sowie die auf die Vergütung anfallende Umsatzsteuer ab. Der Aufwendungsersatz und die Vergütung sind stets aus der Staatskasse zu zahlen. Im Übrigen gilt §
168 Abs. 1 entsprechend.
(8) Dem Verfahrensbeistand sind keine Kosten aufzuerlegen.
Standards des Verfahrensbeistands
Der Verfahrensbeistand als Interessenvertreter des Kindes oder Jugendlichen
• steht dem Kind oder Jugendlichen für die Zeit des gerichtlichen Verfahrens parteilich zur Seite und erklärt unter Berücksichtigung des Alters dem Kind oder Jugendlichen seine Rolle und Funktion und erläutert ihm den Anlass der Kontakte
• arbeitet sowohl eigenständig als auch unabhängig von anderen Verfahrensbeteiligten und ist nicht weisungsgebunden
• erarbeitet gemeinsam mit dem Kind oder Jugendlichen dessen Vorstellungen und tragfähige Wünsche
• dokumentiert die Interessen und bringt diese deutlich in das Gerichtsverfahren ein
• berücksichtigt das kindliche Zeitempfinden und versucht, unnötige und schädliche Zeitverluste im Verfahren zu vermeiden
• erarbeitet im Interesse des Kindes oder Jugendlichen Lösungsvorschläge, gibt Anregungen im gerichtlichen Verfahren oder stellt eigene Anträge an das Familiengericht
• macht dem Kind oder Jugendlichen deutlich, wann das Verfahren und damit die Tätigkeit des Verfahrenspflegers beendet ist
Bei aller Loyalität zum Kind ist der Verfahrensbeistand auch verpflichtet zu prüfen, in wie weit der Wille des Kindes auch dem Wohl des Kindes entspricht, und in wie weit der Wille des Kindes autonom ist, oder gegebenenfalls durch einen der Verfahrensbeteiligten beeinflusst wurde.
Auf ausdrücklichen Wunsch des Familiengerichts ist der Verfahrensbeistand auch befugt, an einer im Sinne des Kindeswohls einvernehmlichen Lösung oder Vereinbarung mitzuarbeiten und diesbezüglich Gespräch mit anderen Verfahrensbeteiligten zu führen.